dog

Neue Homepage: sandbothe.com

» Home

erschienen in: de:bug, 1/2002, S. 32.

Mercedes Bunz

Rezension

Pragmatische Medienphilosophie

Mike Sandbothe setzt modisch adrett gekleidet zur Denkerpose ein freundliches Gesicht auf und so könnte man auch seine Philosophie charakterisieren. Mit seiner Habilitationsschrift "Pragmatische Medienphilosophie. Grundlegungen einer neuen Disziplin" verankert er das Denken um die Medien ein weiteres Mal im Haus der Philosophie. Schon seit längerem versuchen verschiedene Medientheorien, sich auf Dauer als eine Leitdisziplin der Philosophie einzurichten, bislang zumeist in der Tradition der Sprachphilosophie mit dem Argument, dass alles, was wir sagen, handeln und denken immer medial vermittelt ist. Doch von Sybille Krämer, Martin Seel und anderen Medien-Post-Sprach-Philosophen grenzt sich Sandbothe explizit ab, wenn er auch freundlich und befreundet dabei herüberwinkt. Sandbothes Denken ist tief vom amerikanischen Pragmatismus geprägt, vor allem von Richard Rortry, der die gesamten 241 geschriebene Seiten hindurch als Vaterfigur aus dem Buch blinzelt, auch wenn Sandbothe ihm, wie einem wirklichen Vater eben auch, nicht alles glaubt - das wäre ja auch noch schöner. Um gemäß Rorty die Philosophie in den Dienst der Demokratie zu stellen - jawohl, analysiert Sandbothe im ersten Teil Kants pragmatische Ader und erarbeitet von dort seine Linie der Philosophiegeschichte. In einem zweiten Teil konkretisiert er seinen pragmatischen Ansatz an u.a. Derridas Schriftkonzept als Medienkritik und Wolfgang Welschs "transversaler Vernunft". Und in einem dritten Teil wendet er sich mit dieser pragmatisch erarbeiteten pragmatischen Medienphilosophie dem Netz zu. Die Richtung, nicht nur vom Internet neue Impulse für die Theorie zu erwarten, sondern auch umgedreht danach zu fragen, ob nicht die Theorie etwas für das Internet tun kann, klingt vielversprechend, die Ziele allerdings muten eher - Verzeihung − als schwammige Grundwerte an, denen bohrlochtief zu misstrauen ist. Eine neue Bewegung zur "pragmatischen Humanisierung und intelligenten Demokratisierung des Kapitalismus"? Während der philosophische Teil einen fundierten Überblick mit Rortybrille bietet, sackt die praktische Annäherung an die Technologie ab, weil sie in der politischen und technischen Praxis ihre Reflexion der Begrifflichkeiten aufgibt. Doch.

Mike Sandbothe: Pragmatische Medienphilosophie. Grundlegung einer neuen Disziplin im Zeitalter des Internet. Weilerswist, Velbrück Wissenschaft 2001, 24,50 €

Nach oben