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Mike Sandbothe

Mediale Temporalitäten im Internet

Zeit- und Medienphilosophie nach Derrida und Rorty

Meine Überlegungen gliedern sich in vier Teile. Der erste Teil gibt einen Überblick über einige signifikante Entwicklungen, durch welche die philosophische Auseinandersetzung mit dem Thema ‘Zeit’ heute bestimmt ist. Im zweiten Teil wird gezeigt, wie die Frage nach der Zeit und die Frage nach den Medien aus der Sicht zweier einflußreicher Gegenwartsphilosophen - Jacques Derrida und Richard Rorty - miteinander zusammenhängen. Im dritten und vierten Teil schließlich werden in der Auseinandersetzung mit den Thesen der genannten Autoren die kulturellen Praktiken, die sich in dem neuen Medium Internet entwickeln, hinsichtlich ihrer zeitphilosophischen Implikationen analysiert und medienphilosophisch interpretiert.

Grundtendenzen der aktuellen Zeitphilosophie

Der philosophischen Auseinandersetzung mit dem Zeitproblem kommt in der gegenwärtigen Situation, die durch eine Pluralität heterogener Zeitkonzepte charakterisiert ist, besondere Bedeutung zu.1 Im Zentrum der aktuellen Zeitphilosophie steht der Versuch, die unterschiedlichen Zeitkonzepte, die sich in den einzelnen wissenschaftlichen Fachdisziplinen entwickeln, sowohl zueinander als auch zur alltäglichen Zeiterfahrung und zu den technologischen Zeitsimulakren, die diese heute zunehmend mitbestimmen, in Beziehung zu setzen. Es lassen sich verschiedene Ansätze unterscheiden, die versuchen, diese Aufgabe zu lösen. Sie sind in die beiden folgenden Grundtendenzen eingebettet, durch welche die aktuelle Zeitphilosophie bestimmt ist.

Die erste Grundtendenz der aktuellen Zeitphilosophie läßt sich als Tendenz zur Vereinheitlichung und Universalisierung unseres Zeitverständnisses beschreiben. Die Protagonisten dieser Tendenz sind davon überzeugt, daß der Zeitaspekt als ein neuer archimedischer Punkt zu gelten hat, der unsere alltägliche Selbst- und Welterfahrung mit den wissenschaftlichen Theorien vereinigt, die wir uns von Mensch und Natur machen. Dieser Einheitspunkt, so die weitere Argumentation, sei zwar in der Philosophie (etwa bei von Baader, Schelling, Bergson, Whitehead oder Heidegger) immer wieder herausgestellt, von Naturwissenschaft und Technik aber allzu lange ignoriert worden. Erst in der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts sei im Rahmen der sogenannten "Selbstorganisationstheorien"2 im Schnittbereich von Physik, Chemie und Biologie ein universales Zeitkonzept entwickelt und mathematisch operationalisiert worden, das die Überwindung der alten Dualität von Naturzeit und Geschichtszeit3 ermögliche. Damit zeichne sich die Aufhebung des Konflikts zwischen physikalischem und philosophischem Zeitdenken ab, der für die Zeittheorien des beginnenden zwanzigsten Jahrhunderts charakteristisch war. In diesem Sinn stellt beispielsweise der deutsche Zeit- und Geschichtsphilosoph Hermann Lübbe in seinem Buch Im Zug der Zeit heraus, "daß sogar für die Temporalstruktur der Geschichtlichkeit, die nach Heidegger und nach der ihm folgenden hermeneutischen Theorie sich exklusiv aus dem sinnkonstituierenden Selbstverhältnis von Subjekten ergibt, gilt, daß sie in Wahrheit eine sachbereichsindifferente Struktur aller offenen und dynamischen Systeme ist."4

Lübbes Konvergenzthese kann sich auf Überlegungen eines der Begründer der selbstorganisationstheoretischen Zeitforschung stützen. Der Chemophysiker und Nobelpreisträger Ilya Prigogine notierte bereits 1973 mit Blick auf die von ihm entwickelte Theorie irreversibler Prozesse: „Whatever the future of these ideas, it seems to me that the dialogue between physics and natural philosophy can begin on a new basis. I don’t think that I exaggerate by stating that the problem of time marks specifically the divorce between physics on one side, psychology and epistemology on the other. (...). We see that physics is starting to overcome these barriers."5 Und im 1984 geschriebenen Schlußkapitel seines Buchs Vom Sein zum Werden führt Prigogine aus: „Es ist bemerkenswert zu erkennen, wie weit einige neuere Ergebnisse [der Naturwissenschaft - M.S.] von Philosophen wie Bergson, Whitehead und Heidegger vorweggenommen worden sind, wobei der Hauptunterschied darin besteht, daß sie nur im Gegensatz zur Naturwissenschaft zu solchen Folgerungen gelangen konnten, während wir jetzt beobachten, daß diese Einsichten sozusagen aus der naturwissenschaftlichen Forschung heraus erwachsen".6

Innerhalb der von Lübbe, Prigogine u.a. beschriebenen Tendenz zur Vereinheitlichung und Universalisierung der Zeit sind auch einige derjenigen Zeittheorien zu situieren, die das Zeitproblem aus medien- bzw. techniktheoretischer Perspektive analysieren. Die Vertreter dieser zumeist posthistorisch argumentierenden Theorien stellen heraus, daß die vermeintlich als Grundstruktur von Natur und Geschichte entdeckte ‘Zeit der Selbstorganisation’ in Wahrheit nichts anderes sei als die wissenschaftliche Nobilitierung einer in komplexen Computermodellen erzeugten technologischen Zeitlichkeit der Simulation. Anders als Lübbe beschreibt daher der französische Dromologe Paul Virilio die Etablierung der neuen technologischen Einheitszeit nicht als Universalisierung geschichtlicher Temporalsstrukturen, sondern vielmehr als deren radikale Destruktion. Virilios medienphilosophische Grunddiagnose besagt, daß die sich im 20. Jahrhundert ausbreitenden "kinematischen"7 Technologien auf eine radikale Auflösung derjenigen Zeitlichkeitsstrukturen abzielen, die von Augustinus bis Heidegger als unhintergehbare Grundverfassung menschlicher Existenz gegolten haben.8

Mit dieser starken Destruktionsthese verbindet sich bei Virilio zugleich die Vorstellung von einem transhumanen Zeitregime der reinen Geschwindigkeit9, das sich via Fernseh- und Computernetze weltweit in die Seelen der Menschen einschreibe. Der Übergang von der alten Opposition zwischen Natur- und Geschichtszeit zur neuen simulatorischen Einheitszeit der Technologie macht Virilio zufolge die essentiell apokalyptische Logik der abendländischen Technikgeschichte aus. Die sich im Zeichen von Wissenschaft und Technologie vollziehende Vereinheitlichung und Universalisierung der Zeit wird von ihm auf diesem Hintergrund nicht (wie von Lübbe oder Prigogine) als originäre Entdeckung eines inneren Konvergenzpunktes von Natur- und Geschichtszeit, sondern als technologischer Sieg der uneigentlichen, naturhaften Zeitstrukturen über die authentische Zeitlichkeit der Geschichte beschrieben. Dabei freilich kann es sich aus der christlich geprägten Perspektive Virilios nur um einen Pyrrhussieg handeln. Denn die durch den technologischen Sündenfall inaugurierte Verdrängungsgeschichte bezeugt für Virilio noch ex negativo die verborgene Einheit einer eschatologischen Zeitlichkeit, die allein wahrhafte Universalität beanspruchen kann.

Die zweite Grundtendenz der aktuellen Zeitphilosophie bekommt man am besten in den Blick, wenn man sich zuvor die Grundvoraussetzung, die den Vertretern der Vereinheitlichungs- und Universalisierungstendenz gemeinsam ist, noch einmal deutlich macht. Zeit wird von ihnen als einheitliche und universale Grundstruktur begriffen, die sich der historischen Kontingenz und dem kulturellen Wandel entzieht. So halten Lübbe und Prigogine die "ontologische Universalität des Temporalitätsaspekts"10 im Mensch und Natur umgreifenden „partizipatorischen Universum"11 der Selbstorganisation für evident. Und Virilios kritischem Entlarvungsprogramm liegt die religiös motivierte Vorstellung von der eschatologischen Verfallsgeschichte einer gottgebenen Zeitlichkeit zugrunde, die sich im Zeichen der als ‘teuflisch’ gebrandmarkten Technologisierung vollzieht.

Die Verfechter der zweiten Grundtendenz, bei der es sich um eine Tendenz zur Historisierung und Relativierung der Zeit handelt, gehen demgegenüber von dem Grundgedanken aus, daß die Rolle, welche die Zeit für das menschliche Selbst- und Weltverständnis spielt, Aspekt eines kulturell divergierenden und sich innerhalb einer Kultur unter kontingenten Bedingungen historisch wandelnden Systems von praktischen und technischen Gewohnheiten ist. Besonders nuanciert wird dieser Ansatz von dem amerikanischen Pragmatisten Richard Rorty vertreten. Rorty zufolge muß ein radikal zeitliches Denken Schluß machen mit der theologisch grundierten Vorstellung, daß sich im Menschen Zeit und Ewigkeit vereinen.12 Statt dessen fordert Rorty, "daß wir versuchen sollten, an den Punkt zu kommen, wo wir nichts mehr verehren, nichts mehr wie eine Quasi-Gottheit behandeln, wo wir alles, unsere Sprache, unser Bewußtsein, unsere Gemeinschaft, als Produkte von Zeit und Zufall behandeln."13 Das gelingt uns Rorty zufolge nur dann, wenn wir auch die Zeit selbst nicht länger mystifizieren, sondern radikal reflexiv als ein Kind des Zufalls verstehen.14

Die Interrelation der Zeitkonzepte, die gegenwärtig in den Wissenschaften zur Diskussion stehen, sowie die Frage nach dem Verhältnis zwischen diesen wissenschaftlichen Zeitkonzepten, den technologischen Zeitsimulakren und unserem alltäglichen Zeitverständnis, sind auf der Grundlage der von Rorty vertretenen Historisierungstendenz pragmatisch zu behandeln. Die Konvergenz zwischen unterschiedlichen Zeitvokabularen, die von den Vertretern der Vereinheitlichungs- und Universalisierungstendenz herausgestellt wird, beweist aus Rortys Perspektive keinesfalls eine intrinsische Koinzidenz zwischen Natur- und Geschichtszeit oder gar eine innere Zeitdestruktionstendenz der modernen Technologie. Die mathematische und technologische Operationalisierung und erfolgreiche Funktionalisierung desjenigen geschichtlichen Zeitvokabulars, das uns bisher zu Zwecken der Selbstbeschreibung gedient hat, verweist nur auf die historische Wandlungsfähigkeit, innere Flexibilität und kontextuelle Rückgebundenheit auch so ausgefeilter Vokabulare wie desjenigen der Physik, der Mathematik oder der Logik. Die verschiedenen Zeitvokabulare, derer wir uns zu unterschiedlichen Zwecken und in unterschiedlichen Kontexten bedienen, sind demnach weder in einem intrinsischen Sinn als konvergierend noch in einem eschatologischen Sinn als einander fundierend bzw. destruierend aufzufassen. Sie unterliegen vielmehr ihrerseits einem zeitlichen Wandel, durch den sie in unterschiedlichen historischen Situationen jeweils auf variierende und kontingente Weise zueinander in Beziehung gesetzt und voneinander geschieden werden.

Die in diesen Überlegungen zum Ausdruck kommende radikale Verzeitlichung der Zeit hat auf literarische Weise bereits Robert Musil umrissen. In seinem Roman Der Mann ohne Eigenschaften schreibt er: "Der Zug der Zeit ist ein Zug, der seine Schienen vor sich herrollt, der Fluß der Zeit ist ein Fluß, der seine Ufer mitführt. Der Mitreisende bewegt sich zwischen festen Wänden und festem Boden, aber Boden und Wände werden von den Bewegungen der Reisenden unmerklich auf das Lebhafteste mitbewegt."15 Innerhalb der modernen Philosophie ist die innere Reflexivität des modernen Zeitverständnisses, die Musil hier artikuliert, auf jeweils unterschiedliche Weise von Kant und von Heidegger grundgelegt worden.16 Während Kant und Heidegger jedoch unter der Hand zugleich versucht haben, Zeit durch ihre Relativierung hindurch erneut zu universalisieren, lassen sich die medienphilosophischen Analysen des Zeitproblems, die von Jacques Derrida vorgelegt worden sind, in den im Rekurs auf Rorty eröffneten Horizont einer radikalen Relativierung und Historisierung der Zeit eintragen.

Die Zeit und die Medien

In seinem Essayband Die transparente Gesellschaft vertritt der italienische Vordenker der Postmoderne17, Gianni Vattimo, die "Hypothese, daß die Intensivierung der kommunikativen Phänomene, das Anwachsen des Informationsflusses bis zur zeitlichen Übereinstimmung der Live-Sendung (...) für den Modernisierungsprozeß nicht nur einen Aspekt unter anderen darstellt, sondern gewissermaßen dessen Zentrum und Bedeutung."18 Vattimos Hypothese wird von Jacques Derrida geteilt. In dem Aufsatz Kurs auf das andere Kap - Europas Identität hat Derrida seine medienphilosophische Basisdiagnose mit Blick auf Europa folgendermaßen formuliert: "Die europäische kulturelle Identität (...) darf nicht auf die großen Achsen der Übersetzung und der Kommunikation, also der Mediatisierung verzichten. Aber sie darf ebenso wenig die Hegemonie einer Kapitale akzeptieren. (...). Denn diese Normen, Kanäle und Kalküle bereiten neue Stätten für den leichtfertigen, demagogischen und absatzfähigen Konsens, und durch die mobilen, allgegenwärtigen Netze der Medien, die sich durch äußerste Schnelligkeit auszeichnen, passieren sie sofort alle Grenzen und installieren die Zentrale beziehungsweise das Medienzentrum des neuen Imperiums, egal wo und zu jedem beliebigen Zeitpunkt. Remote control, wie man im Fernsehjargon sagt, ferngesteuerte, sozusagen unmittelbare und absolute Allgegenwärtigkeit."19 In dieser Diagnose kommt die innere Ambivalenz zum Ausdruck, die sich infolge der umgreifenden Medialisierung menschlicher Zeiterfahrung im Blick auf die Grundstrukturen unseres Welt- und Selbstverständnisses abzeichnet. Einerseits liegt darin eine unverzichtbare Chance für die Konstitution der "europäischen kulturellen Identität", andererseits birgt sie die Gefahr, daß sich die "Hegemonie einer Kapitale" etabliert, die sich zum Medienzentrum eines neuen Imperiums aufschwingen könnte.

Die diesen Überlegungen zugrunde liegende These von der zeitphilosophischen Bedeutsamkeit, die dem historischen Wandel unserer Kommunikationsformen und technologischen Medien zukommt, hat Derrida in den sechziger Jahren in seinem frühen philosophischen Hauptwerk, der Grammatologie, ausgearbeitet. Dort hat er das von Benjamin20 und Heidegger21 in der ersten Jahrhunderthälfte konturierte und von Anders22 und McLuhan23 in den fünfziger und beginnenden sechziger Jahren aufgegriffene Programm einer zeitphilosophischen Analyse der modernen Massenmedien24 mit Blick auf die neuere "Entwicklung der Informationspraktiken"25 entfaltet. Derridas Grundthese in der Grammatologie lautet, daß die das Abendland bisher bestimmende Form der phonetischen (also am Modell der gesprochenen Sprache orientierten) Schrift ein bestimmtes Zeitverständnis auszeichnet: das um die Zeitdimension der "Präsenz"26 zentrierte "linearistische"27 Zeitkonzept. Mit dem sich für die Zukunft abzeichnenden Übergang von der Dominanz des phonetischen, an der Präsenz des Signifikats in der Stimme orientierten zu einem "nicht-phonetischen"28 Schrifttypus aber ergebe sich, so weiter Derrida, eine "Dekonstruktion der Präsenz"29 und damit der Übergang zu einer "de-linearisierten Zeitlichkeit"30. Daraus zieht Derrida in der Grammatologie die Konsequenz einer Verabschiedung des klassischen Vokabulars der modernen Zeitphilosophie: "Die Begriffe Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft, alles, was in den Begriffen von Zeit und Geschichte deren klassische Evidenz unterstellt - der metaphysische Zeitbegriff schlechthin -, kann die Struktur der Spur nicht adäquat beschreiben."31

Die Metaphern der Spur und der "différance"32 bringt Derrida ins Spiel, um auf ihrer Grundlage ein dekonstruktives Denken der Zeit zu ermöglichen. Wie eine darauf basierende Zeittheorie im Detail auszusehen hätte, hat Derrida jedoch weder in der Grammatologie noch in seinen späteren Arbeiten deutlich gemacht. Und zwar deshalb, weil Derrida zufolge die Struktur eines de-linearisierten Denkens der Zeit erst im Entstehen begriffen ist und daher nur negativ im permanenten Vollzug der Dekonstruktion antizipiert werden kann. Einem Vollzug, dem sich das Schreiben Derridas bis in seine jüngsten Veröffentlichungen hinein verpflichtet weiß.

Im Unterschied zu Derrida hat Rorty sich mit zeit- und medienphilosophischen Fragestellungen bisher nur beiherspielend auseinandergesetzt. Gleichwohl lassen sich Rortys verstreuten Bemerkungen zu diesem Themenfeld die Grundlinien einer pragmatischen Zeit- und Medientheorie entnehmen. Rorty geht in seinen Überlegungen einen Schritt über Derrida hinaus. Er vertritt die These, daß mit dem von ihm bereits im Spiegel der Natur33 diagnostizierten Ende der Erkenntnistheorie und mit deren Überführung in eine pragmatische Variante der Hermeneutik nicht nur das klassische Vokabular der Zeitlichkeit, sondern die philosophische Frage nach der Zeit insgesamt obsolet geworden sei. Diese These richtet er nicht nur gegen den erkenntnistheoretischen Mainstream, durch den die Tradition der modernen Philosophie bestimmt ist, sondern auch gegen Derridas grammatologischen Dekonstruktivismus.

An Derrida kritisiert Rorty, daß er und seine Anhänger die öffentlich-politische Dimension des Dekonstruktivismus überschätzen.34 Rorty ist der Ansicht, daß Derridas eigentliche Stärke erst in seinen neueren Arbeiten zum Ausdruck komme und darin liege, das transzendentale Projekt einer "ironistischen Theorie"35, durch das die Grammatologie noch bestimmt war, aufzugeben und durch "private Anspielungen"36, durch einen die Philosophie personalisierenden "Rückzug in private Phantasien37 zu ersetzen. Rorty bewundert an Texten wie Derridas Postkarte38, daß ihr Autor „den Mut besaß, den Versuch zur Vereinigung des Privaten und Öffentlichen aufzugeben"39 und Philosophie statt dessen konsequent als privates Projekt individueller Selbsterschaffung ausbuchstabiert hat. Und an der Grammatologie kritisiert Rorty, daß in ihrem Zentrum der in seiner Metaphysik-Kritik selber noch metaphysische Versuch stehe, eine 'negative' Theorie der Zeit als Phänomen von „Spur, Aufschub oder *Differenz"40zu entwickeln.

Auf diesem Hintergrund sind auch Rortys Äußerungen über die Medien zu verstehen. Ihnen liegt die bei Proust gewonnene Einsicht zugrunde, "daß Romane ein sichereres Medium sind als Theorie."41 Wichtiger als eine zeitphilosophisch tiefgreifende Medientheorie ist aus Rortys Sicht die praktische Wirksamkeit, die von erzählerischen Medien wie "Roman, Kino und Fernsehen"42 ausgehen kann. Dabei geht es Rorty in erster Linie um die Inhalte, also die konkreten Erzählungen, die von den Medien angeboten werden. Sie sollen dazu beitragen, den "Prozeß, in dessen Verlauf wir allmählich andere Menschen als 'einen von uns' sehen statt als 'jene'"43 voranzubringen. Die zentrale Aufgabe der Medien liegt Rorty zufolge in der Schaffung konkreter Solidarität zwischen Menschen, die mit unterschiedlichen Vokabularen aufgewachsen sind und durch die Medien schrittweise lernen können, ihre Vokabulare miteinander zu verflechten.

Die von Derrida vorgelegten philosophischen Analysen der Tiefenwirkungen, welche die Medientechnologien auf die Grundstrukturen menschlicher Zeitlichkeit entwickeln können, erscheinen aus der Sicht Rortys als müßiges und zum Scheitern verurteiltes Unternehmen. Tatsächlich muß man Rorty darin Recht geben, daß es sich bei der medienphilosophischen Tiefenhermeneutik, die Derrida in der Grammatologie entworfen hat, um eine Art historisierter Transzendentalphilosophie handelt. Gleichwohl wird Rorty nicht in Abrede stellen können, daß die Achtsamkeit auf die Zeitgestalten und Wahrnehmungsstrukturen, die sich im tele-technologischen Wechselspiel zwischen Mensch und Maschine etablieren, ein wichtiger Faktor ist, der bei der Beurteilung der solidaritätsstiftenden Wirkungen, die von den elektronischen Medien ausgehen können, zu berücksichtigen ist. In den beiden folgenden Teilen meiner Überlegungen möchte ich versuchen, beide Aspekte - den von Rorty akzentuierten ‘inhaltlichen’ und den von Derrida in den Vordergrund gerückten ‘formalen’ - mit Blick auf das Internet zusammenzubringen.

Die medialen Temporalitäten des Internet

Die amerikanische Computersoziologin Sherry Turkle hat 1995 unter dem Titel Life on the Screen. Identity in the Age of the Internet ein Buch publiziert, das bereits jetzt als Klassiker der humanwissenschaftlichen Internetforschung gelten darf. In diesem Buch vertritt die Autorin die interessante These, daß die konkret erfahrbaren Verhältnisse im Internet eine Vielzahl derjenigen Sachverhalte direkt nachvollziehbar machen, die von Derrida und anderen postmodernen Philosophen in den sechziger und siebziger Jahren als komplexe Theoreme in einer esoterischen Sprache formuliert worden sind. Turkle beschreibt die Computer Mediated Communication des Internet auf diesem Hintergrund als eine Erfahrung, durch welche Derridas Denken „down to earth"44 gebracht wird. Zu ähnlichen Ergebnissen kamen in den achtziger Jahren bereits George P. Landow und Jay David Bolter in ihren Untersuchungen zu den hypertextuellen Grundstrukturen elektronischer Textualität. So stellt Landow in seinem Buch Hypertext. Convergences of Contemporary Critical Theory and Technology heraus, daß „something that Derrida and other critical theorists describe as part of a seemingly extravagant claim about language turns out precicely to describe the new economy of reading and writing with electronic virtual (...) forms."45 Und Bolter macht in seinem Buch Writing Space. The Computer, Hypertext, and the History of Writing klar, daß „the electronic medium can demonstrate easily what Derrida could only describe laboriously in print (...)."46

Den Hintergrund der von Turkle, Landow und Bolter vertretenen Ansicht, daß im Internet Grundgedanken der postmodernen Philosophie in konkreten Kommunikationspraktiken gleichsam zu sich selbst kommen, möchte ich mit Blick auf Derridas grammatologische Dekonstruktion des linearen Zeitbegriffes näher ausleuchten. Meine Leitthese lautet dabei, daß die pragmatische Argumentationslinie, die von Rorty gegenüber Derrida stark gemacht wird, angesichts des Internet besondere Aktualität gewinnt. Was im Medium des Buchdrucks komplexer philosophischer Dekonstruktionen bedarf, wird durch einen kontingenten Wandel in der Struktur der Medien zu einer pragmatischen Alltagserfahrung. Die solidarisierende Wirkung der vernetzten Zeichenstrukturen des Internet tritt im faktischen Entstehen „virtueller Gemeinschaften"47 deutlich zu Tage. Aber es sind nicht allein und nicht primär die Inhalte, die solidarisieren. Insofern behält Derrida ein Stück weit recht gegenüber Rorty. Es ist die Möglichkeit, gemeinsam die Bedingungen der Präsenz selbst neu zu gestalten, welche die Menschen zusammenführt. In dieser temporalen Pragmatik liegt die eigentliche und faszinierende Dimension des Internet, auf die ich nun zu sprechen kommen möchte.

Im Zentrum des Internet steht heute die graphische Anwenderoberfläche des World Wide Web. Von ihr sind die älteren, klassischen Dienste des Internet zu unterscheiden. Zu diesen Anwendungen zählen Dienste, die von E-mail und Talk über die Net News und Mailinglisten bis zum IRC, den MUDs und MOOs reichen. Ihnen allen ist gemeinsam, daß sie im Unterschied zum multimedialen World Wide Web allein am Modell lineartextueller Schriftlichkeit orientiert sind. Bereits für die Nutzung dieser einfachen, noch nicht hypertextuell verfaßten Kommunikationsdienste, auf deren Analyse ich mich im folgenden beschränken werde, lassen sich zeit- und medienphilosophisch relevante Veränderungen im praktischen Zeichenumgang herausarbeiten.48 Das möchte ich am Beispiel der drei wichtigsten, synchronen Kommunikationsdienste des Internet vor Augen führen. Ich meine das IRC, die MUDs und MOOs.

IRC ist die Abkürzung für Internet Relay Chat. Dabei handelt es sich um eine komplexe Kommunikationslandschaft, die aus einer Vielzahl unterschiedlicher Gesprächsforen - den Channels - besteht. Hier treffen sich Menschen aus aller Welt online, um sich unter selbst gewählten Decknamen schriftlich und gleichwohl synchron miteinander zu unterhalten und die neuesten Informationen zu diversen Themen auszutauschen. Die Themenfelder reichen vom alltäglichen Netzklatsch und virtuellen Flirt über Diskussionen zu technischen Fragen, die Hard- und Software betreffen, bis zu mehr oder weniger wissenschafltichen Gesprächen über Literatur, Politik, Philosophie, Physik, Medizin und andere Gegenstände.49 Das IRC wurde 1988 an der Universität von Oulu (Finnland) von Jarkko Oikarinen entwickelt.50

MUD ist die Abkürzung für Multi User Dungeon (wörtlich übersetzt: Viel-Nutzer-Kerker). Dabei handelt es sich um virtuelle 'Spielhöllen'. Eine Vielzahl von unterschiedlichen Teilnehmern loggt sich gleichzeitig in eine fiktionale textbasierte Spiellandschaft ein, um im Kampf mit anderen Teilnehmern und programmierten Robots sogenannte 'Erfahrungspunkte' zu sammeln und in der Hierarchie des jeweiligen Spiels zum 'Wizard' oder 'God' aufzusteigen. Zauberer und Götter haben die Macht, die Spiellandschaft zu verändern und die Problemstellungen zu programmieren, welche die anderen Teilnehmer lösen müssen.51 Das erste MUD wurde 1979 von Richard Bartle und Roy Trubshaw an der University of Essex (Großbritannien) kreiert.52

MOO steht für Multi User Dungeon Object Oriented (zu deutsch: objektorientierter Viel-Nutzer-Kerker). Hierbei handelt es sich im Unterschied zu den streng hierarchisch organisierten und zum Teil recht gewalttätigen Abenteuer-MUDs um Spiele, in deren Zentrum Kooperation, Solidarität, Bildung und Wissenschaft stehen. Jeder Teilnehmer erhält von Anfang an Programmierrechte, d.h. er kann Räume und Objekte kreieren und die Spiellandschaft selbstständig mitgestalten. Auf die Idee, MUDs solchermaßen demokratisch zu konzipieren und damit die Entwicklung virtueller Gemeinschaften in den Vordergrund zu rücken, kam 1988 James Aspnes, ein Graduate Student der Carnegie Mellon University in Pittsburgh.53 In den USA werden MOOs seit einigen Jahren als interaktive Lernumgebungen genutzt, in denen Eltern und Kinder, Lehrer und Schüler gemeinsam mit dem neuen Medium Internet spielerisch Erfahrungen sammeln können.54

Im IRC, in den MUDs und MOOs fungiert die Schrift als Medium der direkten synchronen Kommunikation zwischen zwei oder mehreren Gesprächspartnern, die physisch getrennt sind und sich im Regelfall noch nie zuvor gesehen haben. Die dem Schriftmedium des Buches eigene Anonymität verbindet sich in der Pseudonymität des „On-line Chat" ein Stück weit mit der synchronen Interaktivität und der aktuellen Präsenz der Gesprächspartner, die als charakteristisch für die gesprochene Sprache in der face-to-face-Kommunikation gelten. In der Computer Mediated Communication verflechten sich demnach Merkmale, die bisher als Differenzkriterien zur Unterscheidung von Sprache und Schrift dienten. Die Übergänge zwischen Sprache und Schrift werden fließend. Die traditionelle Auszeichnung der gesprochenen Sprache als Medium der Präsenz wird durch die ‘appräsente Präsenz’ der Teilnehmer im geschriebenen Gespräch des On-line Chat unterlaufen.55 Es ist dieses performative Schreiben eines Gesprächs, in dem Sprache interaktiv geschrieben statt gesprochen wird, das ich als Tendenz zur Verschriftlichung der Sprache bezeichne.

Ihr korrespondiert als Parallelphänomen eine Tendenz zur Versprachlichung der Schrift. Das Medium der Schrift wird unter Buchdruckbedingungen als eine Verbreitungstechnologie genutzt, welche die unmittelbare Interaktion zwischen Sender und Empfänger ausschließt. Das Internet eröffnet demgegenüber Nutzungsmöglichkeiten, durch welche die Schrift als ein Medium einsetzbar wird, das den permanenten Wechsel zwischen Sender- und Empfängerposition ähnlich flexibel zu gestalten erlaubt, wie es im gesprochenen Gespräch der Fall ist. Es ist diese sprachanaloge, d.h. reziproke Nutzungsform einer im Gesprächsmodus interaktiv verwendeten Schrift, die ich als Tendenz zur Versprachlichung der Schrift bezeichne.

Die Parallelität der beiden Transformationstendenzen zur Verschriftlichung der Sprache und zur Versprachlichung der Schrift indiziert, daß keines der beiden Relate - weder die Sprache, noch die Schrift - unverändert bleibt. Im Online-Chat fungiert Sprache als Schrift, d.h. das gesprochene Wort realisiert sich im Schreiben als Zeichen von Zeichen. Und zugleich fungiert Schrift im Online-Chat als interaktiv modellierbares und kontextuell situiertes Schreiben von Sprache, d.h. das geschriebene Wort wird nicht länger als Zeichen eines authentischen, selbst vermeintlich nicht mehr zeichenhaften Zeichens mißdeutet, sondern als Zeichen von Zeichen von Zeichen usw., d.h. als unendlicher semiotischer Verweisungszusammenhang verstanden.

Durch die doppelte Dezentrierung von Sprache und Schrift, die sich im Internet vollzieht, ist via Medientechnologie das grammatologische Fundament für eine de-linearisierte Zeitlichkeit bereitet. Raum und Zeit sind aus der Perspektive Derridas (anders als etwa für Kant) keine apriorischen Anschauungsformen, die dem System der empirischen Zeichen transzendental zugrunde liegen. Es handelt sich bei ihnen vielmehr um Effekte einer grammatologisch zu beschreibenden Struktur. Ich zitiere Derrida: „Als Ursprung der Erfahrung des Raumes und der Zeit macht es die Schrift, das Gewebe der Spur, möglich, daß sich die Differenz zwischen Raum und Zeit artikuliert und als solche in der Einheit einer Erfahrung (...) erscheint."56

Was bei Derrida etwas nebulös und quasi-transzendental als „Gewebe der Spur" firmiert, begegnet unter den medialen Bedingungen des Internet als konkrete Praxis eines veränderten Zeichengebrauchs und der sich damit verbindenen Transformationen unserer Zeiterfahrung. An die Stelle eines hierarchischen Repräsentationsgefüges, in dessen Zentrum die Ausrichtung der Zeichen auf die transparente Anwesenheit des Signifikats und die durch diese Anwesenheit hindurch realisierte Präsenz des repräsentierten Gegenstandes steht, tritt im Internet ein Geflecht von pragmatischen Appräsenzen und semiotischen Verweisungen. Das temporale Spiel dieser Appräsenzen vollzieht sich dabei nicht mehr im theoretischen Horizont der Repräsentation, sondern ist in den pragmatischen Kontext konkreter Handlungsvollzüge eingebunden. Es ist dieser Übergang von einer theoretischen Zeitlichkeit der Repräsentation zu einer temporalen Pragmatik semiotischen Handelns, durch den die mediale Signatur des Internet ausgezeichnet ist.

Was bedeutet das konkret mit Blick auf die spezifischen Zeiterfahrungen, welche die Nutzerinnen und Nutzer im Umgang mit dem Internet machen? Zur Beantwortung dieser Frage ist es hilfreich, die Zeitverhältnisse, die sich bei der Nutzung des Internet einspielen, von denjenigen Zeitschemata abzugrenzen, die wir von der Nutzung des Fernsehens her kennen. Während das Fernsehen seinen Rezipientinnen und Rezipienten durch festliegende Programmstrukturen eine fixe lineare Zeitschiene vorgibt57, vollzieht sich das Timing, d.h. die zeitliche Abstimmung von Online-Treffen in MUDs und MOOs durch individuelle Absprachen zwischen den Nutzerinnen und Nutzern. Auch dabei spielen sich selbstverständlich schnell gewisse Regularitäten ein. Aber bei diesen Regularitäten handelt es sich um selbstgesetzte Termine, die innerhalb der virtuellen Gemeinschaften des Internet zum Gegenstand von Verhandlungen und Diskussionen gemacht werden können. An die Stelle einer vorgegebenen Präsenz, die den passiven Rezipientinnen und Rezipienten durch das Fernsehmedium vermittelt wird, treten in den Kommunikationsdiensten des Internet gemeinschaftlich konstruierte Präsenzzeiten, innerhalb derer die Nutzerinnen und Nutzer in einem Kontext gemeinsamer Zukunftsentwürfe ihre Identitäten auf der Grundlage schriftbasierter Interaktion konstituieren.

In den virtuellen Umgebungen textbasierter Kommunikationswelten haben die User darüber hinaus die Möglichkeit, die erzählerische Beschreibung des virtuellen Raumes, in dem sie sich gemeinsam mit anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern bewegen, selbst zu erfinden und zu programmieren. Der Raum erscheint so nicht länger als eine vorgegebene Entität, innerhalb derer man sich nur passiv bewegt und auf die man keinerlei aktiven Einfluß nehmen kann. Er wird vielmehr zu einem bewußt konstruierten und ästhetisch inszenierten Artefakt. Mit den Räumen, in denen sich die Online-Akteure bewegen, werden auch die Zeiten, in denen die jeweiligen Erzählungen spielen, von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern selbst inszeniert. Der virtuellen Eigenräumlichkeit der MUDs und MOOs korrespondiert deren spezifische Eigenzeitlichkeit. Anders als beim Fernsehen oder bei Computerspielen, die für Stand-alone-Geräte konzipiert wurden, werden die Bewohner der kommunikativen, schriftbasierten MUD- und MOO-Welten des Internet nicht in vorgegebene Raum- und Zeitsimulationen hineingezwungen, sondern erfahren Raum und Zeit als kreativ gestaltbare Konstrukte ihrer narrativen und kooperativen Imagination. In den MUDs und MOOs vollzieht sich eine Theatralisierung von Raum und Zeit. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die Programmierrechte haben und diese auch ausüben, werden zu Architekten und Dramaturgen eines virtuellen Theaters, auf dessen elektronischen Bühnen die raum-zeitliche Grundstruktur unserer Wahrnehmungen selbst Gegenstand der Inszenierung ist.58

Von zentraler Bedeutung für die narrative Eigenräumlichkeit und Eigenzeitlichkeit der MUD- und MOO-Welten ist die schriftbasierte Verfassung dieser Kommunikationslandschaften. Durch die anästhetische Reduktion der Kommunikation auf das Medium einer interaktiv funktionierenden Schrift werden die visuellen, akustischen und taktilen Evidenzen, die wir in der face-to-face Kommunikation unbewußt voraussetzen, selbst zum Gegenstand einer bewußten Konstruktion im Medium der Schrift. Die appräsente Präsenz der Teilnehmer am Online-Chat führt dazu, daß wir, um überhaupt als Chat-Teilnehmer präsent zu sein, den anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern beschreiben müssen, wie wir aussehen, wie unsere Stimme klingt und unsere Haut sich anfühlt, in welchen Zeiten und Räumen wir uns bewegen und überhaupt: welche Art von Wesen in welcher Art von Welt wir sind. Auch unsere Handlungen und die Interaktionen, die wir mit unseren Kommunikationspartnern und mit virtuellen Gegenständen vollziehen, ereignen sich im Medium der digitalen Schrift, d.h. im Akt des interaktiven Schreibens und im Modus des Zeichens selbst.

Die Interpretativität unseres alltäglichen Selbst- und Weltverständnisses sowie die Konstruktivität unserer „Weisen der Welterzeugung"59 werden auf diesem Weg explizit und für jedermann deutlich erfahrbar. Darin liegt eine wichtige aufklärerische Dimension der interaktiven, schriftbasierten Formen der Netzkommunikation. Unser Umgang mit Zeichen erweist sich im interaktiven Schreiben der MUDs und MOOs als eine Praxis, in der es nicht um die Repräsentation einer außer-semiotischen Realität, sondern um konstruktives Handeln in und durch Zeichen geht. Insofern kann man sagen, daß die Wirklichkeit im Internet in einem ganz pragmatischen und konkreten Sinn zu einem Spiel von Signifikanten, zu einem textuellen Geflecht von aufeinander verweisenden Zeichen wird, deren Sinn auf kein zeichenneutrales Außen mehr verweist, sondern sich intersubjektiv in der Dimension konkreten Handelns situativ konstituiert.

Medien-Philosophie

Auf diesem Hintergrund möchte ich abschließend noch einmal auf Rorty zu sprechen kommen. Rorty schlägt vor, die Medien als literarische Erzählformen zu begreifen, die über ihre Inhalte - die „traurigen und rührseligen Geschichten"60, die sie erzählen - solidarisierende Wirkungen ausüben können. Seine Hoffnung ist es, daß es mit Hilfe der Medien gelingen könnte, Menschengruppen, die in unterschiedlichen sozialen, politischen und geographischen Kulturen aufgewachsen und mit unterschiedlichen Ansichten großgeworden sind, „durch tausend kleine Stiche zu verknüpfen und (...) tausend kleine Gemeinsamkeiten zwischen ihren Mitgliedern zu beschwören."61 Diese Utopie, die „moralischen Fortschritt im Sinne zunehmender Sensibilität und wachsender Empfänglichkeit für die Bedürfnisse einer immer größeren Vielfalt der Menschen und der Dinge"62 versteht, läßt sich unmittelbar mit den transkulturellen Kommunikationspraktiken in Zusammenhang bringen, die für virtuelle Gemeinschaften im Internet charakteristisch sind.

Der französische Hypermediaphilosoph Pierre Lévy hat in seinem Buch Die kollektive Intelligenz. Eine Anthropologie des Cyberspace das Internet als „Herausbildung eines neuen Kommunikations-, Denk- und Arbeitsumfeldes"63 beschrieben, das es uns erlauben wird, in transgeographischen, transdisziplinären und translingualen Gemeinschaften „gemeinsam zu denken (...) [und] in Echtzeit auf den verschiedensten Ebenen praktische Lösungen auszuhandeln."64 Lévy stützt sich dabei auf eine soziale Vision des Internet, die bereits 1968 von den damaligen Forschungsdirektoren der amerikanischen Advanced Research Projects Agency (ARPA) formuliert worden ist. Mit Blick auf zukünftige „on-line interactive communities" schreiben die beiden ARPA-Chefs Licklider und Taylor: „In most fields they will consist of geographically separated members (...). They will be communities not of common location, but of common interest. (...) life will be happier for the on-line individual because the people with whom one interacts most strongly will be selected more by commonality of interests and goals than by accidents of proximity."65 Dieses Zitat macht deutlich, daß bereits im militärischen Kontext des vom US-Verteidigungsministerium Ende der sechziger Jahre entwickelten ARPANET, aus dem später das Internet hervorgehen sollte, die soziale Dimension des Netzes eine zentrale Rolle spielte.

Der in den Überlegungen von Lévy, Licklider und Taylor aufscheinende Horizont einer über lokale Grenzen hinweg gemeinschaftsbildenden und solidarisierenden Dimension des Internet gründet nicht primär und nicht allein in den Inhalten, sondern ergibt sich bereits aus dem Sachverhalt, daß interaktive Netze Formen der Kommunikation erschließen, welche die Entstehung transkultureller Interessengemeinschaften erleichtern. Dabei spielt die oben erwähnte aufklärerische Dimension der interaktiven Netzkommunikation, die zu einer Bewußtmachung der Interpretativität und Konstruktivität unseres alltäglichen Selbst- und Weltverständnisses führen kann, eine wichtige Rolle. Denn die Anerkenntnis des kontingenten Charakters auch noch unserer tiefsten Überzeugungen stellt eine wichtige Basis für den transkulturellen Dia- bzw. Plurilog dar, in dem es gerade darum geht, kontingente Überzeugungen unterschiedlicher Herkunft miteinander zu verflechten.

Die philosophischen Hintergründe, durch welche die sozialen, politischen und aufklärerischen Aspekte der neuen Medien mitbestimmt sind, kommen freilich bei Rorty, dessen Überlegungen sich bisher auf klassische Massenmedien wie "Roman, Kino und Fernsehen"66 beschränken, nicht in den Blick. Das liegt nicht zuletzt auch daran, daß Rorty die öffentlich-politische Sphäre der Medien so scharf von den esoterischen Vokabularen der Philosophie abgrenzt. Philosophische Vokabulare sind seiner Ansicht nach als private Selbsterschaffungsprojekte ihrer Autorinnen und Autoren zu verstehen, über deren Relevanz für den Common Sense sich nur wenig sagen läßt. Und wenn philosophische Vokabulare doch einmal den Weg zum common man finden, was im Ausnahmefall auch nach Rorty durchaus passieren kann, dann geschieht dies „in the long run"67, d.h. im Horizont von historischen Entwicklungen, die im Zeitmaßstab von Jahrhunderten zu messen sind.68

An dieser konservativen Einschätzung der Bedeutung der Philosophie sind meines Erachtens im Zeitalter der neuen Medientechnologien Korrekturen anzubringen. Die beschriebenen Korrespondenzen, die zwischen Derridas Grammatologie und den sich im Internet vollziehenden Transformationen bestehen, haben, wie ich hoffe, ein Stück weit deutlich werden lassen, daß der von Rorty selbst im ersten Kapitel seines Buches Kontingenz, Ironie und Solidarität beschriebene „Prozeß der wachsenden Geschwindigkeit von Veränderungen des europäischen Sprachverhaltens"69 zugleich dazu führt, daß die philosophischen Grundlagen des Common Sense sich schneller und radikaler wandeln als Rorty zuzugeben bereit ist. Revisionsbedürftig erscheinen mir aus diesem Grund auch diejenigen Bemerkungen von Rorty, in denen er „the esoteric matters with which Derrida [is] obsessed (e.g. the pressupposed primacy of speech over writing)"70 als „eine Grille Derridas"71 bezeichnet, die „irrelevant (at least so far as we can presently see) to the public life" sei.72 Aussagen dieser Art übersehen die medienphilosophische Bedeutsamkeit, die Derridas Überlegungen im Kontext der neuen Kommunikations- und Informationstechnologien zukommt.73 Eine medienpragmatische Lektüre der Grammatologie kann dabei helfen, einen Einblick in das Wechselspiel zu gewinnen, das zwischen der Entwicklung philosophischer Vokabulare, der Etablierung neuer Medientechnologien und den Veränderungen im alltäglichen Selbst- und Weltverständnis des common man besteht.

Interpretiert man die technischen Medien der Moderne als Maschinen, mit deren Hilfe sich ganze Gesellschaften in relativ kurzer Zeit neue Vokabulare, neue Temporalitäten und neue Weisen der Welterzeugung aneignen können, dann wird klar, daß Fragen der Medienpolitik genuin philosophische Dimensionen und philosophische Medientheorien eminent politische Aspekte haben. Diese Zusammenhänge bedürfen einer differenzierten Analyse, die sich weder mit dem kulturkritischen Lamento einer posthistorischen Medienschelte noch mit dem Rückzug der Philosophie in eine vermeintlich private Domäne individueller Selbsterschaffung vertragen. Was mir vorschwebt, ist demgegenüber ein aktives und die neuen Technologien kritisch mitgestaltendes Zusammenspiel von Medienphilosophie und Medienpolitik im Zeitalter des Internet. Ein solches Zusammenspiel wäre gerade unter den Bedingungen einer zunehmenden Kommerzialisierung der neuen Technologien von besonderer Wichtigkeit. Denn durch die unreflektierte Kommerzialisierung der interaktiven Netze besteht die Gefahr, daß die Chancen, die das Internet birgt, sich in Risiken verkehren.

 

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  1. Vgl. Baumgartner, 1993; Zimmerli/Sandbothe, 1993; Sandbothe/Zimmerli, 1994; Gimmler/Sandbothe/Zimmerli, 1997. [zurück]
  2. Vgl. hierzu Griffin, 1986 und Krohn/Küppers/Nowotny, 1990. [zurück]
  3. Prigogine/Stengers, 1981, 1993; Prigogine, 1997. [zurück]
  4. Lübbe, 1992, S. 30. [zurück]
  5. Prigogine, 1973, S. 590f. [zurück]
  6. Prigogine, 1988, S. 262. Vgl. hierzu auch Coveney/Highfield, 1992 und Sandbothe, 1994. [zurück]
  7. Virilio, 1992, S. 49. [zurück]
  8. Virilio, 1991, S. 336. [zurück]
  9. Virilio, 1989a/b. [zurück]
  10. Lübbe, 1992, S. 31. [zurück]
  11. Prigogine/Stengers, 1981, S. 267ff, 287f. Dieser Begriff geht [zurück] auf Wheeler, 1979, S. 407ff. [zurück]
  12. Rorty, 1995b. [zurück]
  13. Rorty, 1989, S. 50. [zurück]
  14. Zur pragmatischen Verzeitlichung der Zeit vgl. die Beiträge von Richard Rorty, Barry Allen, Mike Sandbothe und Dieter Sturma in: Gimmler/Sandbothe/Zimmerli, 1997, S. 1-78. Für eine „methodische Rekonstruktion unserer zeitlichen Unterscheidungen im Rahmen gemeinschaftlichen Handelns" (Janich, 1996, S. 133) siehe auch Janich, 1996. [zurück]
  15. Musil, 1978, S. 445. Ich danke Wolfgang Welsch, der mich auf dieses Zitat hingewiesen hat. [zurück]
  16. Vgl. hierzu Sandbothe, 1997a. [zurück]
  17. Der Begriff der Postmoderne wird hier und im folgenden in dem von Wolfgang Welsch herausgearbeiteten Sinn einer "postmodernen Moderne" verwendet (vgl. Welsch, 1987, 1988 sowie darauf aufbauend Gimmler/Sandbothe, 1993 und Welsch/Sandbothe, 1997). [zurück]
  18. Vattimo, 1992, S. 28. [zurück]
  19. Derrida, 1990, S. 12 (auch in: Derrida, 1992, S. 32. [zurück]
  20. Benjamin, 1972. [zurück]
  21. Vgl. hierzu Heideggers Aufsatz Die Frage nach der Technik, in: Heidegger, 1954, S. 9-40. Zur medienphilosophischen Bedeutsamkeit von Sein und Zeit vgl. Sandbothe, 1993. [zurück]
  22. Anders, 1956. [zurück]
  23. McLuhan, 1968. [zurück]
  24. Vgl. hierzu Sandbothe/Zimmerli, 1994 und Sandbothe, 1996. [zurück]
  25. Derrida, 1983, S. 23. [zurück]
  26. Vgl. hierzu Derridas grammatologische Bestimmung der Präsenz als das "formale Wesen des Signifikats" (Derrida, 1983, S. 35). [zurück]
  27. Derrida, 1983, S. 127. [zurück]
  28. Derrida, 1983, S. 12. [zurück]
  29. Derrida, 1983, S. 123. [zurück]
  30. Derrida, 1983, S. 156. [zurück]
  31. Derrida, 1983, S. 116. [zurück]
  32. Vgl. hierzu Derrida, 1988, S. 29-52. [zurück]
  33. Rorty, 1987. [zurück]
  34. Vgl. hierzu Rorty, 1996 und Rorty, 1997. [zurück]
  35. Rorty, 1989, S. 202. [zurück]
  36. Rorty, 1989, S. 202. [zurück]
  37. Rorty, 1989, S. 208. [zurück]
  38. Derrida, 1982, 1987. [zurück]
  39. Rorty, 1989, S. 208. [zurück]
  40. Derrida, 1983, S. 169. [zurück]
  41. Rorty, 1989, S. 180. [zurück]
  42. Rorty, 1989, S. 16. [zurück]
  43. Rorty, 1989, S. 16. [zurück]
  44. Turkle, 1995, S. 17. [zurück]
  45. Landow, 1992, S. 8. [zurück]
  46. Bolter, 1991, S. 166. [zurück]
  47. Rheingold, 1994. [zurück]
  48. Zur medienphilosophischen Analyse des hypertextuell verfaßten World Wide Web siehe Sandbothe, 1997b, 1997d. [zurück]
  49. Eine gut verständliche Beschreibung und Analyse des IRC findet sich im 6. Kapitel von Howard Rheingolds populärem Internet-Buch Virtuelle Gemeinschaft. Soziale Beziehungen im Zeitalter des Computers (Rheingold, 1994, S. 219-242). [zurück]
  50. Rheingold, 1994, S. 222. [zurück]
  51. Vgl. hierzu Rheingold, 1994, Kapitel 5 sowie Turkle, 1995, insbes. S. 180-186. [zurück]
  52. Rheingold, 1994, S. 189. [zurück]
  53. Rheingold, 1994, S. 203. [zurück]
  54. Vgl. Bruckman, 1997 und Marotzki, 1997. [zurück]
  55. Der Begriff der Appräsenz ist in freier Analogie zu dem von Edmund Husserl geprägten Begriff der Appräsentation gebildet (vgl. hierzu: Held, 1971). Als appräsente Präsenz bezeichne ich die für die Kommunikation im Internet charakteristische Form der Telepräsenz, d.h. eine Weise der virtuellen Anwesenheit, welche auf der Abwesenheit der realen körperlichen Präsenz beruht. Die appräsente Präsenz ist dadurch ausgezeichnet, daß die körperliche Präsenz permanent aufgeschoben bleibt, d.h. immer nur im Modus der Appräsenz mit-gegenwärtig, aber nie im Sinne einer reinen Präsenz gegenwärtig ist. [zurück]
  56. Derrida, 1983, S. 114f. [zurück]
  57. Vgl. hierzu Neverla, 1992, insbes. S. 59-75. [zurück]
  58. Vgl. hierzu auch Sandbothe, 1997c. [zurück]
  59. Goodman, 1984. [zurück]
  60. Rorty, 1994b, S. 107. [zurück]
  61. Rorty, 1994a, S. 87. [zurück]
  62. Rorty, 1994a, S. 79. [zurück]
  63. Lévy, 1997, S. 7. [zurück]
  64. Lévy, 1997, S. 14. [zurück]
  65. Licklider/Taylor, 1968, S. 30f. [zurück]
  66. Rorty, 1989, S. 16. [zurück]
  67. Rorty, 1993b, S. 445. [zurück]
  68. Vgl. hierzu auch Rorty, 1993a, S. 85. [zurück]
  69. Rorty, 1989, S. 28. [zurück]
  70. Rorty, 1995a, S. 440. [zurück]
  71. Rorty, 1993a, S. 126. [zurück]
  72. Rorty, 1995a, S. 448. Vgl. hierzu auch Rorty, 1993a, S. 111, wo Rorty herausstellt, herausstellt, „daß es verfehlt [sei] zu glauben, Derrida oder sonst jemand habe hinsichtlich des Wesens der Textualität oder der Schrift Probleme ‘erkannt’, die von der Tradition übersehen wurden." [zurück]
  73. Vgl. hierzu bereits Ulmer, 1985. [zurück]

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