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Quelle: http://www.sandbothe.net/848.html

Prof. Dr. Mike Sandbothe


Weiterbildungsseminar für LehrerInnen der Sekundarstufe II in Rheinland-Pfalz, Institut für Lehrerfort- und -weiterbildung Mainz, 30. November 2010.

Titel: Systematische Medienphilosophie für die Sekundarstufe II
Dozent: Prof. Dr. Mike Sandbothe

Medienphilosophie ist eine neue, Wissenschaftskulturen übergreifende Fachdisziplin. Sie reagiert auf die erkenntnistheoretischen, ethischen und ästhetischen Herausforderungen, die sich mit der Digitalisierung unserer Kommunikationskultur verbinden. Dabei unterscheidet sie sich von der modernen Medien- und Kommunikationswissenschaft dadurch, dass sie den Medienbegriff systematisch untersucht.

Die Medien- und Kommunikationswissenschaft hat sich seit ihrer Entstehung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts jeweils am aktuellen technischen Leitmedium orientiert. So hat sie sich von der Zeitungswissenschaft über die Film- und Fernsehwissenschaft zur Wissenschaft der digitalen Medien entwickelt. Im Unterschied dazu beschränkt sich die Medienphilosophie weder auf die technischen Medien, noch auf das jeweils aktuelle Leitmedium.

Die systematische Medienphilosophie orientiert sich an unserem alltäglichen Sprachgebrauch und umfasst sinnliche Wahrnehmungsmedien (wie Raum, Zeit, Sinnesorgane, Körper), semiotische Kommunikationsmedien (wie Bild, Sprache, Schrift, Tanz, Theater, Musik) und technische Verbreitungsmedien (wie Papyrusrolle, Buchdruck, Radio, Film, Fernsehen, Computer, Internet, Handy).

Die neue Disziplin richtet dabei ihr besonderes Augenmerk auf die Frage, wie das jeweils vorherrschende Leitmedium unser ökologisches Gesamtmediensystem reorganisiert. Mit Bezug auf den aktuellen Medienwandel bedeutet das: Wie verändert sich in einer digitalisierten Kultur unser Körperverhältnis, die Hierarchie unserer Sinnesorgane, unser Umgang mit der Schrift, unser Begriff des Bildes, unsere musikalische Praxis, unser Verhältnis zum Buch, unsere Sicht auf das Fernsehen, unser Umgang mit dem Telefon?

Eine besondere Akzentsetzung des Seminars wird in der gemeinsamen Diskussion darüber bestehen, wie sich die digitalen Medien in ein medienökologisches Gleichgewicht einbetten lassen und welchen der derzeit besonders vernachlässigten Medien in Zukunft eine ausbalancierende Funktion zukommen könnten.

Literatur:

Mike Sandbothe: Pragmatische Medienphilosphie. Grundlegung einer neuen Disziplin im Zeitalter des Internet, Weilerswist: Velbrück 2001.

Stefan Münker, Alexander Roesler und Mike Sandbothe (Hrsg.): Medienphilosophie. Beiträge zur Klärung eines Begriffs, Frankfurt a.M.: Fischer 2003.

Mike Sandbothe und Ludwig Nagl (Hrsg.): Systematische Medienphilosophie, Berlin: Akademie 2005 (Deutsche Zeitschrift für Philosophie, Sonderband 7).